DIE FABELHAFTE WELT DES DR. CADÉOT
Dokumentarfilm, 2024, 86 min
Manches im Leben von Dr. Jean Cadéot erinnert an die berühmten Geschichten von Hugh Lofting über den Tierarzt Dr. John Dolittle, der die Sprache der Tiere erlernte, um ihnen besser helfen zu können. Aber Cadéots Physiognomie ist genau das Gegenteil: Seine hagere Gestalt ähnelt eher Karl Valentin, was auch sein Improvisationstalent beweist, wenn er seine Hosen mit Kordeln aus dem Schafstall, statt einem Gürtel, zusammenhält. Cadéot verkörpert einen Typus von Menschlichkeit, der rar geworden ist. Seine anarchische Unordnung beflügelt die Phantasie. Wie der Nachtfalter auf der bebilderten Tapete in seinem Arbeitszimmer, ist Cadéot ein Mensch, der plötzlich auftaucht und schnell wieder verschwindet. Er liebt die Fabeln von Jean de la Fontaine, in denen die Tiere zu sprechen scheinen, während seine Schwägerin Gisèle wirklich mit Tieren spricht. Ein Sonnenstrahl, der durch die Fenster oder eine geöffnete Tür in das Innere des Hauses dringt, beleuchtet punktuell eine in sich geschlossene Welt, die sich in vielen filmischen Details entschlüsselt und manche aus der Zeit gefallene Momente sichtbar macht. Tag und Nacht spielen eine ebenso wichtige Rolle wie die Jahreszeiten und die Blicke durch die vielen Fenster und Türen des großen Hauses, die als Metapher dienen – sie spiegeln die Ausschnitte eines Lebens wider und wurden zum poetischen Vokabular des Films.
Musik: Helge Schneider
Erzählerstimme: Jens Harzer
